PG-ler in den USA
Schon kurz nach unserer Ankunft am Flughafen in Denver fiel uns der erste große Kontrast zu unserem Heimatland auf: Riesige Werbeplakate, Fast-Food Restaurants und gigantische Trucks, die unsere Aufmerksamkeit auf der Fahrt zu den jeweiligen Gastfamilien erweckten.Die mehrspurigen Straßen und Highways waren ebenfalls eine neue Erfahrung für uns Deutsche, ebenso die Tatsache, dass in Colorado keine Helm-Pflicht für Motorrad- oder Mopedfahrer gilt. Die nächsten Tage machten wir mit unseren Austauschpartnern Erkundungstouren durch Westminster und die nähere Umgebung. Die Amerikaner zeigten uns dabei vielerlei Sehenswürdigkeiten, darunter auch imposante Wolkenkratzer und beachtliche Supermärkte.
Deren umfangreiches Sortiment, das große Warenangebot und die Größe der Geschäfte versetzten uns in Erstaunen. Von deutschen Supermärkten ist man es nicht gewöhnt, Fahrräder neben der Obstabteilung aufzufinden oder für jede Sorte Kekse eine ganze Regalwand gefüllt vorzufinden. Des Weiteren überraschten uns auch die „Big Size“-Packungen von Chips, Waschmittel, Mehl und 500ml Zahnpastatuben. Beim Bezahlen der Waren waren wir das erste Mal etwas überfordert, da keine gängigen Kassen benutzt wurden und der Kunde seinen Einkauf selbst über eine sogenannte „Self Service“-Kasse ziehen musste.
Ähnlich wie die Supermärkte waren auch die amerikanischen „Malls“ und Einkaufsmeilen strukturiert: endlose Öffnungszeiten, weder an Feiertagen noch sonntags geschlossen, überdurchschnittlich große Parkgelegenheiten und an jeder Ecke die Möglichkeit für hungrige Einkaufswütige einen kleinen Snack einzunehmen. Die Preise der USA-Artikel schienen nach europäischen Augenmaß recht klein, die Überraschung erfolgte jedoch dann an der Kasse. Denn: die „Tax“ (amerikanische Steuer) wird erst an der Kasse berechnet, was bedeutete, dass viele der Deutschen mehr Geld ausgaben als ursprünglich geplant worden war.
Hungrig von der anstrengenden Einkaufstour und dem unplanmäßigen Geldausgeben, luden uns die amerikanischen Schüler in die unzähligen Fast-Food-Ketten ein. Von „Panda Express“, „Taco Bell“, „Sonic“, „Pizza Hut“ bis hin zu den bekannteren Restaurants wie „Mc Donalds“ und „Burger King“ testeten wir die viel zu großen Portionen. Vom deutschen Essensverständnis geprägt, überraschte uns die Tatsache, dass die Amerikaner über die Hälfte ihres Essens auf dem Teller liegen ließen und im Anschluss wegschmissen.Dieses Verhalten änderte sich auch nicht in den etwas gehobeneren Restaurants, es wurde zu viel bestellt und zu wenig gegessen. Ein positiver Aspekt hierbei war jedoch, dass am laufenden Band gratis Getränke nachgeschenkt wurden und man an seinem Geburtstag meistens Desserts umsonst bekam. Die Kellner bekommen im Vergleich zu ihren deutschen Kollegen viel mehr Trinkgeld, was bestimmt auch ein Grund für ihre freundliche, sehr aufmerksame und offene Bedienung ist.
Der erste Eindruck des amerikanischen Schulalltags war ein kultureller Schock für uns Biberacher: tausende Autos mit fahruntüchtigen Schülern, die Preise und Errungenschaften der Schülerteams in der Eingangshalle und die Präsenz von dutzenden Polizisten und Securities. Auch das Erscheinungsbild der amerikanischen Schüler unterschied sich grundsätzlich von dem deutschen. Auf der einen Seite Jugendliche in Pyjama, im Metall-Look und viele ungepflegt. Im Gegensatz zu diesen eher unbeliebten Teenagern gab es auch die Schulstars, beispielsweise die topgestylten Cheerleader und die allseits beliebten Football-Spieler. Dieser Unterschied der verschiedenen Schülertypen war uns Deutschen von unserer Schule in Biberach nicht bekannt – in den USA gab es keine sogenannte „Goldene Mitte“, also normalgekleidete Personen.
Die Unterrichtsstunden verliefen ebenfalls nach einem anderen Schema, die Amerikaner haben jeden Tag den exakt gleichen Stundenplan wie auch die Tage zuvor. Bei der Wahl der Fächer fielen uns die vielen unbekannten Wahlmöglichkeiten auf, beispielsweise können die Schüler dort „Cooking“, „Fashion“ oder auch „Journalism“ als Unterrichtsfach wählen. Doch der Unterricht verlief nicht so interessant wie wir anfangs annahmen: Die Schüler beschäftigten sich größtenteils mit sich selbst, redeten über die neueste Fernsehsendung und aßen unentwegt während der Stunde. Die Lehrer schienen nichts gegen diese Unterrichtshabung zu haben, sie machten einen zufriedenen Eindruck.
Der Speiseplan der Schulcafeteria bot keinerlei gesunde Gerichte an, es gab nur Burger, Pizzas und Hot Dogs.Selbst in den meisten unserer Gastfamilien wurde oft nichts anderes gegessen als Fertiggerichte. Es gab mehrmals am Tag einen Snack oder etwas Süßes für den kleinen Hunger, jedoch gab es einen Mangel an frischem Obst und Gemüse.Ebenfalls war es auffällig, dass ein Großteil der Familien ihre Mahlzeiten nicht gemeinsam einnahmen, sondern ihren Pappteller beliebig zu jeder Tageszeit mit Essen füllten. Der Pappteller war ein besonders großer Kulturschock, zudem im amerikanischen Haushalt kein einziger Keramikteller aufzufinden war und die Spülmaschinen deswegen auch keine Tellerhalter hatten.Eine praktische Neuentdeckung für uns Biberacher war der wasserspendende Kühlschrank, der per Knopfdruck Wasser, Eiswürfel und gecrushtes Eis ausspuckte.
Annika Fuchs und Susanne Kirchner