Die Frauen-Revolte bringt vollen Erfolg
Alice Schwarzer wurde nicht gesichtet, keiner von ihrer Frauenzeitschrift „Emma“. Und doch hätte sie am 3. März im Biberacher Komödienhaus in der Theater-AG des Pestalozzi-Gymnasiums, erneut vorzüglich von Ulla Reeder und Hubert Stöferle betreut und geleitet, munterste und keck-frivole Mitstreiter/innen gehabt.
Denn deren „Weibervolksversammlung“ des griechischen Komödienschreibers Aristophanes aus dem Jahre 391 v.Chr., diese bissige Textvorlage setzte die richtigen Akzente: real-politisch wirksam wie utopisch-feministisch verblasen.
Und die deutsche Fassung von Hansjörg Schneider bietet genug an tagespolitisch aktuellem „Witz, Grips und Grütze“, den besten Dada-Tugenden. Dabei geht es um nichts Geringeres als um die finale Abschaffung des antik-antiquierten Patriarchats - ein zentrales Thema, siehe die „Orestie-Trilogie“ des Aischylos – 458 v.Chr. datiert, der griechisch-klasischen Tragödie also.
Aristophanes findet einen Hauptschuldigen für die politisch miserable Labe der Nation: es sind die Männer, die die Macht und alleinigen Vorrechte „genießen“: Sie haben Kriege geführt und verloren, im Staate Misswirtschaft getrieben und Korruption unterstützt – wie brennend nah ist uns das heute –; dies alles hat nur Ruin und Misskredit eingebracht. Daraus zieht die antike „Emma“, alias „Praxagora“ (Hannah Ries) den weiblich radikalen Schluss: „Den Weibern müssen wir den Staat ganz übergeben! Führen sie zu Hause doch auch die Wirtschaft als Verwalterinnen!“
In Lysistrata (Alina Bader) findet sie bei Nacht die politische Komplizin. Und sie hecken einen pfiffigen Plan aus: Als Männer verkleidet dringen sie mit robustem Revoluzzerbart in die Volksversammlung ein. Das entschiedene Votum der maskierten Emanzen bringt den erhofften Erfolg: ihr Antrag zur Machtübernahme kommt bei der Stimmabgabe durch!
Und nun schlägt Aristophanes feste auf die Pauke und bringt sein dreistes Weibervolk so recht in Schwung: Ein sozialistisches Regierungsprogramm wird durchgeboxt. Blepyros (Stefan Schepers) kommentiert völlig ratlos, entnervt bis resigniert das utopische Staatskonzept: „Alles wird künftig Gemeingut sein, und allen wird alles gehören… nicht Reiche mehr gibt es noch Arme.“ Gemeingut wird alles. Silber, Gold, die Äcker, selbst „die Weiber werden Gemeingut sein, und zu jedem wird jede sich legen, schwängern sich lassen von jedem, der will.“
Kommune I lässt grüßen mit Uschi Obermaier (wieder aktuell), Rainer Langhans und Konsorten. Dies sozialistische Schlaraffenland enthält auch seine Tücken. Ein Jüngling (Lennart Kirchhoff), den die sexuelle Not drängt, findet nicht das hübsche junge Ding. Er wird gezwungen, es mit drei Alten, wahre Schabracken (Helen Miehle, Melanie Zell, Leonie Kirchhoff) aufzunehmen, damit die Alten nicht „leer ausgehen.“
Die Sozialisierung hat ihre ersten grotesken Opfer und wird letztgültig, trotz üppigem Festmahl am Schluss, ad absurdum geführt. Rundum: Es machte richtig Spaß, das Zusehen und Zuhören, weil’s denen, den 16 Spielern aus Klasse 10 – 13, ersichtliches Vergnügen bereitete, was bekanntlich die beste Voraussetzung für einen gelungenen Abend ist.
So soll Theater sein! Vorzüglich auch das informative Programmheft, das atmosphärische wie praktikable Bühnenbild (Karlheinz Kuhn), Ton und Technik (Joachim Koepff, Gabriel Schmele, Steffen Mader), die Musik (Bernd Bentz, Martin Remke) und die anmutigen Tänze (Caroline Bock)!
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