Zeitzeuge berichtet über "Weiße Rose"

Im Geschichtsunterricht der Klasse 9d hat ein Zeitzeuge spannende Einblicke in die Strukturen der NS-Widerstandsgruppe "Weiße Rose" gegeben. Der gebürtige Ulmer Wilhelm Geyer, Vater des Kollegen Johannes Geyer, hat während des Dritten Reiches als Jugendlicher erlebt, wie sein Vater, der Kunstmaler Wilhelm Geyer, in engem Kontakt mit den Geschwistern Scholl stand.

Wilhelm Geyer (1900-1968)

Hans und Sophie Scholl und ihre vier Geschwister gingen bei der Familie Geyer ein und aus; eine der Schwestern war in dem Neun-Personen-Haushalt Kindermädchen, Sophie Scholl erhielt von Geyer Zeichenunterricht. Aus der kritischen Haltung zum NS-Regime machten beide Familien keinen Hehl. Die Kunstwerke Geyers waren 1937 aus den Museen als "entartet" entfernt worden. Zuvor war er in der Künstlergilde Ulm als "gefährlichster Gegner der Bewegung" denunziert worden. Nur mit kirchlichen Aufträgen hielt sich der Künstler über Wasser. Ende 1942 trafen sich Scholl und Geyer in München wieder und sahen sich fast täglich.

in Gestapohaft (1943)

Im Keller des von Wilhelm Geyer angemieteten Ateliers druckten die Mitglieder der Weißen Rose die Flugblätter gegen Hitler, die sie letztens auf dem Schafott enden ließen. Wilhelm Geyer selbst wurde verhaftet und nach 100 Tagen Gestapohaft im dritten "Weiße-Rose-Prozess" aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Eindrücklich schilderte sein Sohn den PG-Schülern die Ängste, die die Familie in Ulm ausstehen musste; ein Gefängniswärter hatte Geyer gar gegenüber dessen Frau als Todeskandidaten bezeichnet.

Die zerstörte Hirschstraße in Ulm (1944)

Die Schüler erfuhren zudem, wie Wilhelm Geyer den katastrophalen Luftangriff auf Ulm am 17. Dezember 1944 erlebte: Innerhalb weniger Stunden wurde das historische Ulm dem Erdboden gleich gemacht. Kurz vor Kriegsende wurden dann auch die 15-Jährigen in "Hitlers letztem Aufgebot" zum Volkssturm eingezogen. Auf einer abenteuerlichen Flucht über die Alb zu den Großeltern entzog sich der Junge dem Einberufungsbefehl.

Wilhelm Geyer schloss seine Ausführungen mit dem Appell an die Schüler, die Errungenschaft eines jahrzehntelangen Friedens in Europa zu bewahren und sich die Schrecken eines Krieges zu vergegenwärtigen.


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