Publikum amüsiert sich über den "ewigen Bürger"

Unsere Theater-AG spielte zu ihrem 25-jährigen Bestehen Yvan Golls satirisches Drama "Methusalem oder der ewige Bürger" von 1924. Damit hat sie ein wenig bekanntes und stilistisch schwieriges Stück auf die Bühne des Komödienhauses gebracht. Die Truppe wurde dafür am Ende geradezu umjubelt - und das völlig zurecht.


"Die Auswahl des Stückes hatte nichts mit der Finanzkrise zu tun", beteuert Ulla Reeder, zusammen mit Hubert Stö-ferle auch in diesem Jahr für die Regie zuständig. Es sei nicht immer ganz einfach, ein Stück zu finden für 20 fast gleichwertige Darsteller. Die Zeitgeschichte aber hat der Regie in den vergangenen Monaten geradezu in die Hände gespielt, denn die Zeitlosigkeit und die traurige Aktualität des Stücks liegen auf der Hand.
Der erfolgreiche Schuhtrustbesitzer und Milliardär Methusalem (rechts: Stefan Schepers) und noch mehr sein Sohn Felix (unten im Anzug rechts: Lennart Ries) sind von der Gier nach immer mehr Profit beherrscht. Beide träumen von einem weltumfassenden Schuhimperium.
Aber Methusalem ist nicht nur geldgeiler Geschäftsmann und widerlich-feiger Spießer. Er wird auch von Träumen und alptraumhaften Visionen heimgesucht.
Yvan Goll sprengt die dramatische Einheit der Handlung und hebt die empirischen Gesetze der Realität auf: Getötete Personen treten wieder auf, den revolutionären Studenten gibt es dreifach als "Du" (David Heim, im Bild links stehend), "Ich" (Viola Winghart, auf dessen Schultern) und "Er" (Lennart Kirchhoff, knieend zwischen den Beinen). Requisiten gewinnen ein Eigenleben, verschiedene Zeitebenen überlagern sich vor allem in der ersten Hälfte des Stückes.
Mit allen nur denkbaren Mitteln soll das Publikum aufgerüttelt und aus seiner geistigen Lethargie gerissen werden Am Anfang bereits steht die Erkenntnis des Herrn Methusalem: "Nichts Neues. Die Welt wird so alt!" Somit wird das Theaterstück zur Revue, einem opulenten Geschehen ohne Entwicklung und im Grunde ohne Spannung - eine echte Herausforderung für die Kreativität der Regie und die Darstellungskunst der Schauspieler.
Das zunächst etwas sperrige Stück habe von der ganzen Truppe regelrecht erarbeitet werden müssen, erzählt Hubert Stoferle. Aber dann seien immer mehr glänzende Ideen gekommen für das Bühnenbild, für Beleuchtung und Technik und nicht zuletzt für die Auswahl der Musik, die in dem Stück eine große Rolle spielt.
Aber es ist vor allem die Gesellschaftssatire, die die jungen Schauspieler an Golls Theaterstück interessiert und auch inspiriert hat. All dies wird mit beachtlichen schauspielerischen Mitteln, Einfallsreichtum und großer Spielfreude verdeutlicht - und das Publikum amüsierte sich köstlich.
Glänzend gelungen ist auch der überraschende filmische Schlussgag, ein Werbespot für Methusalems Schuhmarke Toreador.

Text: Hans-Jörg Reiff

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